Farblandschaften, Kurt Renz
Kunstverein Hechingen
Auszüge aus der Eröffnungsrede zur Ausstellung im Kunstverein Hechingen, 2001
Wenn Joachim Wörner seine Bilder als Farblandschaften bezeichnet, so ist dies wohl die adäquate Bezeichnung, die darauf hinweist, dass Landschaftliches im Mittelpunkt steht, wobei der Farbe die wesentliche Bedeutung zukommt.
Und gleichzeitig kann dieser Begriff auch einen Hinweis geben, dass Farbe durch das bildnerische Tun, durch den Prozess des Entstehens, durch den immensen Freiraum, den der Maler ihr eingesteht, quasi selbst zur Landschaft wird, respektive in Landschaftliches assoziierende Farbbahnen, Verdichtungen, Auflösungen, Flächen und lineare Verläufe mündet, wobei der Maler eine schwierige Gratwanderung zwischen dem, was man als den Eigensinn des Materials bezeichnen könnte und dem, was er aus eigenen Vorstellungen und seiner grundsätzlichen Konzeption heraus anstrebt, gehen muss.
Nun könnten vielleicht manche von Ihnen bei dem Begriff „Farblandschaften“ mit einer anderen Vorstellung von Landschaft zu dieser Ausstellung gekommen sein, z.B. Landschaft im Sinne des Fauvismus, bei dem die Maler im farblichen Bereich bis an die äußerste Grenze des Möglichen gegangen sind. Und hier könnte nun der Einwand kommen, dass die Bilder Joachim Wörners zwar durch eine starke Farbigkeit geprägt seien, aber im Grunde als abstrakt zu bezeichnen wären.
So hat es sich auch bei Joachim Wörner ergeben, dass man bei ihm von einer Kunst in der Schwebe zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion spricht. Die Gegenständlichkeit bekommt insbesondere im persönlichen Erleben und Beobachten der Natur ihre Bedeutung, wobei Skizzen oder Fotografien für den Entstehungsprozess als Hilfe zur Formfindung, als klärendes oder strukturierendes Mittel zu sehen sind. Jedoch ist nie eine bestimmte Landschaft oder ein Ausschnitt daraus oder auch als Vorstellung, auf die während des Entstehungsprozesses zugearbeitet werden könnte, gemeint. Es sind vielmehr Erinnerungen an Vieles, an vitale Vorgänge in der Natur etwa, an Grundsätzliches wie Horizont, Erde, Himmel oder auch an das, was mit bloßem Auge nicht gesehen werden kann, z.B. die Welt der Mikroorganismen oder auch das, was man über erdgeschichtliche Prozesse aus wissenschaftlichen Publikationen weiß.
Die andere Seite, das, was als abstrakt oder nicht gegenständlich orientiert bezeichnet werden könnte, ist die Tendenz zur autonomen Farbe, die große Bedeutung des Prozesshaften, wenn etwa auf dem Malgrund sich die reinen Farben ausbreiten, teils sich selbst überlassen, also nur von der jeweiligen Situation abhängig, wenn sie sich verdichten, Verbindungen eingehen, sich auflösen, vielleicht manchmal unmerklich vom Maler beeinflusst werden, wenn Zusammenstellungen oder Strukturierungen entstehen, die spannend sind und für den weiteren Verlauf neue Aspekte bringen.